IDW Positionspapier Trendwatch: Zeitenwende in der Handelspolitik
Der Welthandel steht vor Umbrüchen in einer Dimension, wie vermutlich zuletzt nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Folgen der Russlandpolitik, damit verbunden das Scheitern der Devise „Wandel durch Handel“, führen weltweit zu epochalen Veränderungen. Eine strategische Neuausrichtung in der Handelspolitik ist weltweit zu beobachten.
Düsseldorf, 14. Juli 2023 - Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) stellt heute sein IDW Trendwatch Positionspapier „Zeitenwende in der Handelspolitik“ vor. Das Papier befasst sich mit volks- und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen und zeigt aus Sicht der Wirtschaftsprüfer*innen auf, wie Deutschland auf die veränderten Rahmenbedingungen im Welthandel erfolgreich reagieren kann.
Die Politik hat bereits einen Anfang gemacht. Die Europäische Union (EU) hat kürzlich eine Strategie für wirtschaftliche Sicherheit vorgelegt. Im Fokus steht hier die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der EU durch Stärkung des Binnenmarktes, die Unterstützung einer starken und widerstandsfähigen Wirtschaft und Investitionen in Qualifikationen. In Deutschland hat die Politik seit Monaten an einer neuen China-Strategie gearbeitet, die gestern veröffentlicht wurde. Sie setzt sich mit den bilateralen Beziehungen zu China und der Stärkung Deutschlands unter veränderten Rahmenbedingungen ein.
In der EU sind protektionistische Maßnahmen auf dem Vormarsch, mit dem Ziel, Lieferketten unabhängiger zu machen von Rohstoffen, Vorprodukten und Know-How, beispielsweise aus China und Russland. Die deutsche Volkswirtschaft ist in hohem Maße exportorientiert und -abhängig. Um zukünftig auf dem Weltmarkt zu bestehen, müssen somit deutsche Unternehmen ihre Lieferketten anpassen. Neue Lieferketten mit einem Fokus auf Diversifikation, die EU und den eigenen Binnenmarkt werden sich herausbilden.
Bei Absatzmarktabhängigkeiten wird es darauf ankommen, neue Absatzmärkte zu entwickeln und bestehende auszubauen. Hier wird die Politik eine Schlüsselrolle spielen, indem sie Investitions- und Förderkredite der KfW gezielt einsetzt und sich dezidiert um neue Handelsabkommen kümmert, um gezielt den Zugang zu neuen Märkten zu ermöglichen und zu bestehenden Märkten zu verbessern.
Bei Zulieferabhängigkeiten ist die Sicherung der Rohstoffversorgung unabdingbar: Deutschland ist als rohstoffames Land und als einer der führenden Technologiestandorte und als Exportnation auf eine sichere Rohstoffversorgung angewiesen. Für befreundete Staaten wird die gemeinsame Nutzung von Ressourcen an Bedeutung gewinnen. Auch eine (Rück-)Verlagerung bzw. der Aufbau der Produktion wird zu beobachten sein. Kritische Produkte wird man substituieren müssen, und die Forschungsförderung zur Erkundung von Alternativen wird zunehmen. Neben einem lokalen Bezug von Rohstoffen arbeiten Unternehmen bereits an Änderungen ihrer Produktionsprozesse, um kritische Produkte zu substituieren.
Besonders deutlich zu spüren waren in den letzten beiden Jahren Energieabhängigkeiten. Nicht alle Energieträger sind in Deutschland in ausreichendem Maße verfügbar. Eine ideologiefreie Diversifikation im Energiemix ist unabdingbar geworden. Um die Versorgung zu sichern, wird eine Anpassung auf europäischer Ebene nötig sein – unter Berücksichtigung der Realitäten des 21. Jahrhunderts.
„In Zeiten gestiegener Verantwortung und komplexer Handelswege bedarf es fachlicher und unabhängiger Sparringspartner für Unternehmen, Verbände und Politik. Wirtschaftsprüfer*innen sind auf Basis ihrer Expertise und Kenntnis von Unternehmen und Märkten in der Lage, diese Aufgabe zu übernehmen“ – so der Vorstandssprecher des IDW, Prof. Dr. Klaus-Peter Naumann. „Der Berufsstand übernimmt mit seiner Tätigkeit gesellschaftliche Verantwortung, indem er die Funktionsfähigkeit der nachhaltigen Marktwirtschaft stärkt, die den ökonomischen, ökologischen sowie sozialen Nachhaltigkeitszielen verpflichtet ist. Dies bedeutet auch, dass die Anforderungen an die Berufsangehörigen eher zu- als abnehmen werden.“
Das IDW Positionspapier Trendwatch „Zeitenwende in der Handelspolitik“ finden Sie unter folgendem Link auf der Website: www.idw.de/medien/idw-positionspapiere
Presseinformation 10/2023
als PDF: Presseinformation 10/2023 - Zeitenwende in der Handelspolitik
Trendwatch Positionspapier "Zeitenwende in der Handelspolitik" (PDF)
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