IDW bringt sich in Reformüberlegungen ein: Übergabe der Berichte der Expertenkommissionen „Vereinfachte Unternehmensteuer“ und „Bürgernahe Einkommensteuer“

Im Rahmen der Fachveranstaltung mit dem Titel „Vereinfacht und Bürgernah – Expertenkommissionen präsentieren ihre Ergebnisse“ am 12. Juli 2024 wurden die Berichte der vom Bundesministerium der Finanzen eingesetzten Expertenkommissionen „Vereinfachte Unternehmensteuer“ und „Bürgernahe Einkommensteuer“ an den Bundesminister der Finanzen Christian Lindner übergeben.

Auch das IDW hat sich in Person von WP Dr. Torsten Moser, Mitglied des geschäftsführenden Vorstands, in die Arbeit der 13 Personen umfassenden Expertenkommission „Vereinfachte Unternehmensteuer“ eingebracht, um dem Bundesfinanzminister konkrete Vorschläge für eine umfassende Strukturreform des geltenden Unternehmensteuerrechts zu unterbreiten. „Die Digitalisierung und Vereinfachung von Verfahren und Prozessen sowie die Anwendung des risikoorientierten Prüfungsansatzes bei Betriebsprüfungen stellen wesentliche Stellschrauben dar, um Bürokratie abzubauen und schneller für Rechtssicherheit zu sorgen“, so Torsten Moser. „Haben Unternehmen ein angemessenes und wirksames Steuerkontrollsystem eingerichtet, sollte die Finanzverwaltung dies bei steuerlichen Außenprüfungen viel stärker als in der Vergangenheit nutzen, um sich einerseits auf etwaige risikobehaftete Bereiche fokussieren und andererseits spürbare Entlastungen gewähren zu können.“

Weitere konkrete Reformvorschläge der Expertenkommission beziehen sich dabei u.a. auf die folgenden Bereiche:

  • Einführung eines erweiterten Optionsmodells (bisher: § 1a KStG), u.a. Ermöglichung einer „umgekehrten“ Option von der intransparenten Besteuerung (Kapitalgesellschaften) hin zur transparenten Besteuerung (Personengesellschaften) und Beseitigung von Optionshindernissen (u.a. Sonderbetriebsvermögen)
  • Wiederherstellung der Steuerfreiheit der Beteiligungsertragsbesteuerung (§ 8b KStG) zur Steigerung der Attraktivität des Holdingstandortes Deutschland
  • Angleichung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer an die Einkommen- und Körperschaftsteuer durch Streichung von Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) und Kürzungen (§ 9 GewStG) sowie Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Körperschaftsteuer (entsprechend § 35 EStG)
  • Neujustierung der steuerlichen Behandlung von Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter bei sog. Mitunternehmerschaften, u.a. durch Ablösung der komplexen Rechtsinstitute des Sonderbetriebsvermögens und der Betriebsaufspaltung
  • Verbesserungen bei der Nutzung von Verlusten aus vergangenen Veranlagungszeiträumen
  • Einführung eines einfacheren Gruppenbesteuerungsregimes (bisher: steuerliche Organschaft), u.a. durch Abschaffung des Erfordernisses eines Gewinnabführungsvertrages
  • Abbau von steuerlichen Umstrukturierungshindernissen, u.a. Abschaffung des Teilbetriebserfordernisses, Schaffung von Möglichkeiten zur steuerneutralen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern und großzügigerer Ausgestaltung der Vergleichbarkeitsprüfung bei grenzüberschreitenden Umwandlungen
  • Modernisierung der Rahmenbedingungen grenzüberschreitender wirtschaftlicher Tätigkeit, u.a. durch Verbesserung der Möglichkeiten zur Anrechnung ausländischer Steuern (§ 34c EStG und§ 26 KStG), Anpassung an eine zunehmende mobile Arbeitswelt sowie Gleichlauf von sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Regeln
  • Verbesserung der Regelungen zum Quellensteuereinbehalt, u.a. durch Abstandnahme vom Kapitalertragsteuereinbehalt für Fälle, in denen die Ausschüttungen beim (inländischen) Gläubiger steuerfrei nach § 8b KStG sind und Reduzierung der einbehaltenen Quellensteuer auf die finale Quellensteuerbelastung bei grenzüberschreitenden Dividendenausschüttungen
  • Zurückführung der zahlreichen Anti-Missbrauchsvorschriften auf ein zieladäquates und vollziehbares Maß

Im Zusammenhang mit der Zurückführung der Anti-Missbrauchsvorschriften begrüßt die Kommission, dass die im Koalitionsvertrag vorgesehene Meldepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen im mittlerweile verabschiedeten Wachstumschancengesetz nicht mehr enthalten ist. Nach Ansicht der Kommission stehen Aufwand und Ertrag einer möglichen Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen in keinem sinnvollen Verhältnis, dies gilt insbesondere, da nicht die Gefahr eines Informationsdefizits der Finanzverwaltung besteht oder der Abfluss von Steuersubstrat ins Ausland droht. Nach Ansicht des IDW ist es umso bedauernswerter, dass die Meldepflichten für innerstaatliche Steuergestaltungen im Referentenentwurf eines Zweiten Jahressteuergesetzes 2024 vom 10. Juli 2024 erneut Eingang in ein Gesetzgebungsverfahren gefunden haben.

Die Bundesregierung hat in Zusammenhang mit der Einigung über den Haushalt 2025 und die Wachstumsinitiative am 5. Juli 2024 zudem bereits signalisiert, die erwarteten Vorschläge der Expertenkommissionen zu prüfen und bei positivem Ergebnis noch in diesem Jahr in einem Gesetzesvorhaben umzusetzen.

Service